Spieglein, Spieglein an der Wand…
Nachdenklich steht Yulia im Türrahmen des Schlafzimmers und beobachtet ihre Kinder, die sich mit kritischem Blick in einem grossen Spiegel betrachten. Sie ahnt, was gerade in ihnen vorgeht. Deshalb nimmt sie ihren ganzen Mut zusammen, geht mit behutsamen Schritten auf ihre Kinder zu und umarmt sie liebevoll. Denn Yulia möchte, dass sie nicht das Gleiche durchmachen müssen wie sie selbst.
Yulia ist gerade einmal 10 Jahre alt, als ihre Eltern wieder mal anfangen, sich zu streiten. Sie kennt solche Situationen, doch diesmal wird alles viel schlimmer. Ihr Vater packt nach einem lautstarken Wortgefecht seine Koffer, verlässt die gemeinsame Wohnung und kommt nie wieder zurück. Ihre Mutter ist mit der Situation heillos überfordert, sie weint nur noch. Keiner der Ehepartner möchte die Verantwortung für die gemeinsame Tochter übernehmen. Yulia landet in einem Heim, dort wird sie den Rest ihrer Kindheit verbringen.
Als sie erwachsen ist, lernt Yulia einen jungen Mann kennen, den sie sehr verehrt. Sie ziehen in ein kleines Haus und bekommen drei Kinder. Das Familienglück scheint zunächst perfekt zu sein. Doch ihr Partner ist in seiner Rolle als Vater zunehmend überfordert. Schliesslich verlässt er die gemeinsame Familie. Yulia muss nun sehen, wie sie allein zurechtkommt. Sie nimmt zwei Jobs gleichzeitig an, um ihre Kinder alleine durchbringen zu können. Dabei arbeitet sie oft nachts und schläft viel zu wenig. Trotz des grossen Schmerzes und der immensen Belastung gibt Yulia nicht auf. Sie möchte das Beste für ihre Kinder.
Das Leiden der Kinder
Die selbstlose Hingabe der Mutter wirkt sich zunächst positiv auf die Entwicklung der Kinder aus. Die 15-jährige Vika kocht gerne, kümmert sich um den Haushalt und lernt viel für die Schule. Der dreizehnjährige Vlad kümmert sich um seine jüngere Schwester Valeria, die gerade drei Jahre alt geworden ist. Doch trotz aller guten Fortschritte
leiden die Kinder sehr.
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Magazin 02/25